WiYou.de-Special: Karriereheimat "Deine Zukunft in Handwerk und Hightech" 2022

6 KARRIEREHEIMAT 1/2022 Aus einem Holzblock wird Kunst „Jeder trägt Kreativität in sich“, da ist sich Fred Rottenbach sicher. Er ist der Leiter der Schnitzschule in Empfertshausen. „Es ist nur wichtig, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen.“ Seit 1898 wird in dem kleinen Dorf in der Rhön die Ausbildung zum Holzbildhauer angeboten. Das ist eine Besonderheit, denn in ganz Deutschland gibt es nur zehn Schulen dieser Art. Wer durch das Schulgebäude läuft, verfällt schnell ins Staunen. In den Fluren sind Wände und Vitrinen mit Arbeiten ehemaliger Schüler geschmückt: Dutzende Skulpturen, filigrane Pflanzenreliefs, beinah lebendig wirkende Lebewesen. „Im ersten Lehrjahr kommt man hier rein und sieht die geschnitzten Menschen und Tiere und denkt sich: ‚Boar! Dass ich das auch mal können soll!‘ Aber in den drei Jahren lernt man so viel“, erinnert sich Carolin. Die 26-Jährige ist bereits im dritten und letzten Lehrjahr ihrer schulischen Ausbildung zur Holzbildhauerin. Peter und Magdalena stehen dagegen noch ganz am Anfang. Im ersten Lehrjahr lernen sie gerade die Grundlagen des Schnitzens. „Anfangs muss man erst lernen, das Holz zu verstehen“, erzählt die 19-jährige Schülerin. „Da haben wir erstmal nur drumherum und Rillen geschnitzt.“ Woran sie sich gewöhnen musste, war der Muskelkater in den Fingern und im Rücken. Denn die Arbeit mit Schnitzeisen erfordert neben Fingerspitzengefühl auch viel Kraft. Inzwischen sind die beiden schon weit darüber hinaus, nur einfache Rillen zu schnitzen. Peter arbeitet zurzeit an einem Dackel aus Lindenholz. „Wir arbeiten sehr viel mit Linde, weil das Holz sehr weich und billig ist.“ Eiche ist im Gegensatz zur Linde ein Hartholz Peter schnitzt einen Dackel aus Lindenholz. Magdalena arbeitet mit dem Schnitzeisen an einer Nase. Fotos: Sandra Böhm und dadurch schwieriger zu verarbeiten. Es bricht schneller, ist aber besser für Draußen geeignet. Generell verarbeiten sie an der Schnitzschule sowohl Stammholz als auch Brettware. Der 20-jährige Peter kommt ursprünglich von einem ganz anderen Werkstoff: dem Glas. Nach seiner erfolgreichen Ausbildung zum Glasbläser stand er vor der Entscheidung, was er damit machen möchte. Auch eine weitere Ausbildung zum Glasapparatebauer habe zur Auswahl gestanden. „Aber mit der Ausbildung zum Holzbildhauer habe ich die Perspektive, mich als Künstler selbstständig zu machen. Ich kann mir gut vorstellen, Glas und Holz künstlerisch zu verbinden.“ „Aber mit der Ausbildung zum Holzbildhauer habe ich die Perspektive, mich als Künstler selbstständig zu machen. Ich kann mir gut vorstellen, Glas und Holz künstlerisch zu verbinden.“

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